Start News Schweizer Eventbranche zwischen Verzweiflung und Zuversicht

Schweizer Eventbranche zwischen Verzweiflung und Zuversicht

Nach einem Jahr Pandemie hat die Schweizer Eventbranche mit dem Online-Kongress 360 Grad Entertainment eine Plattform zum Austausch gefunden. Künstler wie Marco Rima, Verbandsvertreter wie Christoph Bill, Politikerin Mattea Meyer und Vertreter von Venues wie Maag Music & Arts trafen sich zum Branchenaustausch.

Ihnen gemeinsam ist die Zukunftsangst und das Unverständnis, welches politische Entscheider für ihre Belange haben. Jetzt hofft man auf den Schutzschirm, der sich laut Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP Schweiz, schützend über die Branche legen soll.

Solange es Differenzen gebe, gehe es hin und her zwischen dem Ständerat und dem Nationalrat. „Es ist schwer, aber wir geben alles“, so Meyer. Die Nationalrätin meinte ebenso, es werde bald eine Lösung geben, die der Veranstaltungsbranche Planungssicherheit gibt. „Bis Ende Frühling soll das stehen“, meinte sie dazu.

Auf die Frage, ob die Branche laut genug war, antwortete Christoph Bill: „Wir haben versucht, etwas miteinander zu erreichen. Was nicht gelungen ist, ist ein Dialog zwischen den Veranstaltern und den Behörden herzustellen.“

Mittelfristig soll jedoch das Verlangen nach Events, seitens der Kunden, endlich die Wende bringen. Der Zukunftsforscher Dietmar Dahmen zeigte auf, dass es mit der Pest und anderen Pandemien langjährige Menschheitserfahrung gibt. „Das Vergnügen und die Lebenslust werden zurückkehren“, prophezeit Dahmen.

Venue-Betreiber sehnen sich die baldige Öffnung. „Derzeit wünschen wir uns nichts mehr als eine Rückkehr zur Normalität“, sagte Felix Frei, der Präsident des Vereins Schweizer Stadion- und Arenabetreiber, VSSA. Allerdings werde sich die Normalität für Venues nach Corona verändert haben. Ebenso wie der Entertainment-Markt, denn es werde zu einer Bereinigung des Marktes kommen.“ Darin waren sich auch Roger Büchel, der CEO des Kongresshauses Zürich und Bruno Vollmer, COO der ZSC Lions, einig. Auch darüber, dass hybride Events an Bedeutung gewinnen werden, herrscht Einigkeit unter den Experten. „Trotzdem wird das Live-Erlebnis nie aussterben.“ Laut Frei wäre aktuell ein Öffnungskonzept mit angepassten Schutzkonzepten erforderlich.

Bisher waren die Partner der Eventveranstalter mit diesen häufig solidarisch. Doch je länger die Corona-Pandemie anhält, desto mehr leiden auch die Branchen der Sponsoren. Leidet damit auch deren Solidarität? Jörg Schönberg, Leiter Vertrieb und Gründer von Doppelleu Boxer, verneint das. Ihm ist an langfristigen Partnerschaften gelegen. Er möchte gemeinsam mit seinen Partnern gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Eine Budgetreduktion plant Jörg Schönberg deshalb aktuell nicht. Ebenso wenig wie die beiden weiteren Gesprächsteilnehmer Oliver Niedermann, Head of Marketing der Raiffeisen Schweiz, und Martin Koch, Leiter Sponsoring und Events beim Migros-Genossenschafts-Bund. Vielmehr sind alle drei dabei, nach neuen Eventformaten Ausschau zu halten. So stellt für Koch und Schönberg ein Ghost-Festival ohne Zuschauer, eine interessante neue Möglichkeit dar.

Hybrid-Events könnten laut Niedermann auch ganz neue Zielgruppen erschließen. Dennoch werden sie, laut Koch, das Live-Entertainment nicht verdrängen. Schönberg glaubt sogar, dass die Wertschätzung für Events und Gastronomie in Zukunft steigen wird, weil die Menschen durch Corona gemerkt haben, was sie daran haben. Laut Niedermann könnte die Nachfrage sogar über den Stand vor Corona steigen.
Alle drei Experten sind der Meinung, dass die Eventbranche sich mit einer neuen Realität arrangieren muss. Diese besteht aus Schutzkonzepten und alternativen Eventformaten. Sie sind davon überzeugt, dass es demjenigen, der flexibel auf diese Veränderungen reagiert, gelingen wird, den Übergang zur neuen Normalität zu meistern.

„Die Veranstaltungsbranche muss endlich aus dem künstlichen Koma aufwachen. Es ist komplett falsch, was in Sachen Öffnung mit unserer Branche gemacht wird“, sagt Thomas Kastl, Direktor der St. Jakobshalle Basel. Derzeit würde die Branche von der Politik jedoch eher ausgebremst. Ein Schutzschirm wäre ein gutes Instrument, um wieder mehr Planungssicherheit zu bekommen. Doch dazu bräuchte es jedoch den politischen Willen. Jetzt hofft die Branche auf klare Antworten seitens der Politik und einen Schutzschirm, der sich bald über die Veranstaltungsbranche legen könnte.

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