Start Agenturen Leipziger Messe wird Partner im KRIDEM-Projekt: OTWorld als Reallabor für Kreislaufwirtschaft

Leipziger Messe wird Partner im KRIDEM-Projekt: OTWorld als Reallabor für Kreislaufwirtschaft

Die Leipziger Messe GmbH ist offizieller Projektpartner im Forschungsprojekt KRIDEM – „Kreislaufwirtschaft in der Messewirtschaft“ und wird mit ihrer Veranstaltung OTWorld, weltweit führendes Branchenevent für moderne Hilfsmittelversorgung, zum Reallabor für nachhaltiges Wirtschaften im Messekontext. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben mit rund 150.000 Euro.

Im Mittelpunkt von KRIDEM steht der sogenannte Nexus-Ansatz, der Material-, Energie-, Wasser- und Abfallströme ganzheitlich betrachtet und ihre Wechselwirkungen analysiert. Für die Leipziger Messe bedeutet das: Nicht nur der Betrieb auf dem Gelände, sondern auch Logistik, Catering, Standbau und Entsorgung werden einbezogen – also das gesamte Ökosystem um die Messe. „Wir verstehen uns als Impulsgeber für eine zirkuläre Messewirtschaft“, sagt Michel Ghattas-Kämpfner, Nachhaltigkeitsmanager der Leipziger Messe. „Mit KRIDEM wollen wir nicht nur einzelne Stellschrauben drehen, sondern unsere gesamte Infrastruktur, unsere Services und unser Partnerumfeld durch die Brille der Kreislauffähigkeit betrachten.“

Als Praxisbeispiel dafür dient die OTWorld, die weltweit führende Fachmesse und der Weltkongress für Orthopädie-Technik, Orthopädieschuhtechnik und Reha-Technik. Sie findet vom 19. bis 22. Mai 2026 in Leipzig statt – und feiert dabei ihr 50. Jubiläum. Mehr als 20.000 Fachbesucherinnen und -besucher aus über 90 Ländern sowie mehr als 550 Aussteller werden erwartet. Mit diesem internationalen Profil und der Verbindung von Industrie, Handwerk, Forschung und Gesundheitswirtschaft bietet die OTWorld ideale Voraussetzungen, um Kreislaufprinzipien unter realen Messebedingungen zu untersuchen. „Die OTWorld ist eine starke Plattform für Innovationen – fachlich wie strukturell“, unterstreicht Antje Voigtmann, Projektdirektorin der OTWorld. „Wir sind stolz, dass sie als Projekt Teil von KRIDEM ist.”

„Für uns ist das eine Chance, die Messebranche aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Wir möchten verstehen, welche Hebel wir gemeinsam mit unseren Partnern nutzen können, um Ressourcen zu schonen und nachhaltige Strukturen aufzubauen – und welche Vorteile das auch für unsere Aussteller bringt, um sich zukunftsfähig aufzustellen“, so Voigtmann weiter. In das Forschungsvorhaben fließen dabei alle relevanten Messeprozesse ein – von der Hallenlogistik über den Standbau bis zur Verpflegung. So sind neben relevanten Bereichen wie das Energiemanagement oder die Veranstaltungstechnik der Leipziger Messe ihre Tochterunternehmen FAIRNET GmbH und fairgourmet GmbH sowie das Entsorgungsunternehmen Becker Umweltdienste GmbH und die Stadt Leipzig in die Analyse mit einbezogen.

Circular Scan: Stoffströme und die organisationale Verankerung

Im Projekt KRIDEM wird mit Hilfe eines Circular Scan die Messewirtschaft zunächst auf den zwei komplementären Ebenen der Stoffströme und der organisationalen Verankerung betrachtet. „Die Messewirtschaft ist ein komplexes System aus unzähligen Lieferketten und Akteuren. Erst wenn wir genau wissen, wo Ressourcen verbraucht, verschwendet oder mehrfach genutzt werden, können wir Kreislaufstrategien gezielt entwickeln“, betont Jürgen May, Geschäftsführer der CSR-Agentur 2bdifferent. „Die Leipziger Messe geht hier mutig voran – und schafft eine Datengrundlage, von der die gesamte Branche profitieren kann.“ Gemeinsam mit dem Messearchitekturbüro imb troschke koordiniert die Nachhaltigkeitsberatung im ersten Schritt die Erfassung der Stoffströme im Rahmen der OTWorld 2026.

Wie viele Materialien, wie viel Energie, Wasser und Abfall fallen an? Welche Wege nehmen sie und wo entstehen bislang ungenutzte Rückführungs- oder Einsparpotenziale? Diese Datenerhebung bildet die Grundlage, um messbare Handlungsfelder zu definieren und Strategien zur Reduktion und Wiederverwendung zu entwickeln. Im Rahmen des Circular Scan untersucht das Projektteam neben den Stoffströmen auch die organisationalen Strukturen innerhalb der Leipziger Messe Unternehmensgruppe. Dabei geht das Team der Frage nach, wie stark Kreislaufprinzipien bereits in den strategischen und operativen Abläufen, Entscheidungsprozessen und der Unternehmenskultur verankert sind. Gemeinsam ergeben die Stoffstromanalyse sowie die Betrachtung der organisationalen Verankerung ein praxisnahes Gesamtbild, das nicht nur die Effizienz der Ressourcen bewertet, sondern auch die internen Voraussetzungen und Prozesse im Zusammenspiel der beteiligten Akteure reflektiert.

Nexus-Ansatz: Synergien sichtbar machen

Neben dem Circular Scan ist eine weitere Besonderheit im Projekt KRIDEM der Nexus-Ansatz. „Während die Kreislaufwirtschaft das Ziel verfolgt, Abfälle durch Reduzierung, Wiederverwendung, Recycling und Rückgewinnung von Materialien zu vermeiden, geht der Nexus-Ansatz einen Schritt weiter. Der Nexus-Ansatz zielt darauf ab, Verflechtungen zwischen den Ressourcen zu nutzen, um durch sektorübergreifende Lösungen und Prozessoptimierungen Abfälle und Ineffizienzen zu minimieren“, erklärt Prof. Dr. Kai-Michael Griese, der zusammen mit Prof. Dr. Kim Werner von der Hochschule Osnabrück das Projekt KRIDEM leitet.

Der Begriff „Nexus“ umfasst im Projekt KRIDEM insbesondere das Beziehungsgeflecht zwischen Stoff-, Energie-, Wasser- und Abfallströmen. In der Praxis bedeutet das: Jede Veränderung in einem dieser Bereiche hat Auswirkungen auf die anderen – und kann neue Synergien oder auch Zielkonflikte erzeugen. Wird zum Beispiel im Standbau auf wiederverwendbare Materialien umgestellt, verändern sich nicht nur die Abfallmengen, sondern auch Transportvolumen, Energiebedarf und Logistikstrukturen. Für die Messewirtschaft ist dieser vernetzte Blick neu. Hier treffen temporäre Infrastrukturen, vielfältige Dienstleistungsströme und kurze Nutzungszyklen aufeinander – ein Umfeld, in dem sich Nachhaltigkeit nur dann realisieren lässt, wenn alle beteiligten Systeme zusammengedacht werden.

Dabei ist es relevant zu wissen, welche zentralen Akteure wie miteinander interagieren. Dieses Stakeholder-Mapping zeigt auf, an welchen Schnittstellen Kooperationen entstehen oder wo bislang Ressourcen verloren gehen. „Am Ende zeigt sich, wo sich Energie, Material, Wasser und Abfall gegenseitig beeinflussen – und wo sich Kreisläufe schließen oder öffnen lassen. Unser Ziel ist es, daraus übertragbare Handlungsempfehlungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die Messegesellschaften und ihre Partner langfristig resilienter machen“, fasst Prof. Dr. Kim Werner zusammen.

Genau das soll KRIDEM leisten: ein Modell entwickeln, das Ressourceneffizienz nicht nur misst, sondern wechselseitige Wirkungen sichtbar und damit steuerbar macht. „Das Projekt KRIDEM leistet hier echte Pionierarbeit“, verdeutlicht Barbara-Maria Lüder, Leiterin Nachhaltigkeit beim AUMA – Verband der deutschen Messewirtschaft. „Zum ersten Mal wird Kreislaufwirtschaft in der Messebranche wissenschaftlich fundiert und praxisnah untersucht. Die Erkenntnisse werden nicht nur der Leipziger Messe, sondern der gesamten Branche helfen, nachhaltige Strukturen zu entwickeln und Transformationsprozesse gezielt voranzutreiben.“

Weitere Informationen: https://www.hs-osnabrueck.de/kridem/