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Veranstaltungswirtschaft demonstriert erfolglos

Gestern sind 5.000 Teilnehmer bei der zweiten Großdemonstration in Berlin auf die Straße gegangen, um für die Rettung der Veranstaltungsbranche zu kämpfen. Zahlreiche prominente Künstler wie Campino, Roland Kaiser und Dieter Hallervorden haben an der Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor teilgenommen und zeigten sich mit der gesamten Branche solidarisch. Gebracht hat es wohl nichts. „Offensichtlich hat die Politik den Sommer verschlafen“, sagte Campino, der Frontmann der Toten Hosen, direkt nach der Demo auf der #AlarmstufeRot-Bühne.

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ländern über weitere Maßnahmen sprach, forderten 5.000 Demonstranten, dass der Staat endlich ihre verzweifelte Situation erkennt. Er soll Maßnahmen ergreifen, mit denen der Branche wieder eine berufliche Perspektive gegeben wird.

Im sechstgrößten Wirtschaftszweig Deutschlands sind derzeit mehr als eine Million Arbeitsplätze gefährdet. Das Bündnis #AlarmstufeRot setzt sich dafür ein, gemeinsam Handlungsempfehlungen für die Politik zu erarbeiten, die politischen Aktivitäten zu koordinieren und Konzepte zur Rettung der Branche zu entwickeln. Jeden Mittwoch organisiert #AlarmstufeRot in allen Hauptstädten der Bundesländer regionale Demos, um politische Rettungshilfen einzufordern. Ergebnis: null.

Bei der Kundgebung wurden uneingeschränkt alle Maßnahmen, die dem Infektionsschutz vor Covid-19 dienen, eingehalten. Der Fußmarsch wurde in mehrere Blöcke aufgeteilt, Flightcases dienten als Abstandshalter. Es wurde darauf geachtet, dass alle Teilnehmer der Kundgebung die vorgeschriebenen Hygieneregeln einhalten. „Es ist betont keine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung, sondern eine Forderung an die Politik, die Branche nicht sterben zu lassen“.

Das sahen offenbar nicht alle Teilnehmer so: „Was soll diese künstliche Zurückhaltung? Mit unserer Vernunft und unserem Gutmenschentum konnten wir bisher gar nichts erreichen. Vielleicht müssen wir jetzt endlich mal aggressiver unsere Rechte einfordern.“

Die Veranstaltungswirtschaft erbringe schließlich ein außerordentliches Sonderopfer für die gesamte Gesellschaft des Landes. Es wird daher erwartet, dass endlich ein passender Rettungsschirm gespannt wird, mit dem Veranstalter, Veranstaltungsdienstleister, Veranstaltungszulieferer und die große Zahl an Soloselbständigen ihre Existenz retten können.

#AlarmstufeRot fordert Überbrückungs- und Kreditprogramme, einen verlängerten steuerlichen Verlustrücktrag, einen angepassten EU-Beihilferahmen und flexiblere Kurzarbeiterregelungen. Ein Rettungsdialog mit der Regierung wurde begonnen, um mit Förderprogrammen den Ruin der Veranstaltungswirtschaft aufzuhalten. Belastbare Ergebnisse? Fehlanzeige!

„In einigen Hilfsprogrammen wie den Überbrückungshilfen ist noch Luft, weil sie weniger stark als befürchtet beansprucht wurden. Dies erlaubt maßgeschneiderte Programme etwa für die Veranstaltungswirtschaft“ sagte kürzlich Finanzminister Olaf Scholz. Allerdings gibt es noch keine konkreten politischen Aussagen dazu, wie ein derart maßgeschneidertes Programm aussehen könnte. Konzertveranstalter, Messebetreiber, Ausstatter von Geschäftsveranstaltungen, Technik- und Materialverleiher, Caterer und Künstler, mittelständische Unternehmen, Soloselbständige sowie alle anderen Teilbereiche des Wirtschaftszweiges ringen um ihr Überleben und hoffen darauf, dass die Regierung endlich den Handlungsbedarf erkennt.

Thomas Bareiß, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, wurde gestern auf der Bühne der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor für seine nichtssagenden und unverbindlichen Aussagen zu einem Rettungsdialog gnadenlos ausgebuht. Den Ernst der Lage in der Veranstaltungswirtschaft hat er offenbar weder erkannt noch will er sich ernsthaft damit auseinandersetzen. Muss er vielleicht auch nicht, denn das könnte ohnehin bald zu spät sein – wenn in vielen Unternehmen und bei vielen Solo-Selbständigen der Veranstaltungsbranche endgültig das Licht ausgeht.